Werden und Vergehen

[Generation and Decay]

von

  Carus Sterne




Zur Erinnerung an Carus Sterne
Von
Wilhelm Bölsche

In Memory of Carus Sterne
By
Wilhelm Boelsche

vii
   Am 24. August 1903 ist der Verfasser von “Werden und Vergehen”, -- Carus Sterne, wie er sich auf seinen büchern nannte, Ernst Krause, wie er im bürgerlichen Leben hiess, -- in Eberswalde, dem Orte, wohin er sich seit Jahren in wachsendem Bedürfnis nach Stille und Einsamkeit fern von dem Geräusch der Weltstadt Berlin zurückgezogen hatte, gestorben. Eine starke, scharf umgrenzte Persönlichkeit ist aus unserm Bildungsleben mit ihm geschieden; eine breite Lücke klafft für die Öffentlichkeit da, wo er stand, und sie wird sich schwerlich so bald ausfüllen. Ein engerer Kreis nur, den auch der Tod schon gar sehr gelichtet, bewahrt die Kenntnis, dass eine der edelsten, lautersten Gestalten aus dem grossen Geisteskampfe unserer Zeit in ihm dahin ist.

     Im jeder menschlichen Wissenschaft gibt es zwei Wege. Der eine führt in die höhe, der andere in die Breite. Der erste ist der Weg strenger Forschung; der andere der Weg der Lehre. Seit Alters ist es ein Ehrgeiz des grossen Forschers, auch ein guter Lehrer zu sein. Aber nach alt hergebrauchtem Brauche denkt der Forscher dabei gern nur an einem engen Kreis, dem die Lehre wieder zu einer Grundlage eigener Forschung wird. Diese Beschränkung ist nicht mehr an der Zeit. Eine neue Forderung pocht gewaltig an die Pforten des Forschungstempels. Ein gesunder demokratischer Geist hat die Menschheit ergriffen. Eine unabsehbare Menge verlangt die Lehre, nicht weil sie selber mit forschen will, sondern weil der Inhalt dieser Lehre eine Macht geworden ist in unserm Leben, ein notwendiger Bestandteil unserer Weltanschauung. Und das gilt in allererster Linie von der modernen Naturwissenschaft. Sie hat nicht nur unsere Technik und damit schon unser ganzes praktisches Dasein von Grund aus umgestaltet. Viel bedeutsamer noch ist die Revolutionierung der Geister durch das neuw, unerhört erweiterte Weltbild, das der Naturforscher gibt. Nun vollends, da die Naturforschung sich auf dem Boden der entwicklungslehre auch noch ausgestaltet hat zu einer historischen Wissenschaft, da sie uns von dem Vergehen und Werden der Dinge eine Kunde gibt, die nicht mehr bloss über die paar Kulturjahrtausende des gewöhnlichen Historikers, sondern über Millionen von Jahre reicht, lässt sich die Berührung mit den tiefsten Gewissensfragen unseres edelsten Innenlebens, mit den Grundlagen unseres ganzen denkendenund sittlich handelnden höchsten Menschentums nicht mehr verschleiern und abweisen.

   On 24 August 1903 the author of " Werden und Vergehen" [“Generation and Decay”] died -- Carus Sterne, as he called himself in his books, Ernst Krause, as he was called in civil life. He died in Eberswalde, where he had retreated from the noise of cosmopolitan Berlin in a growing desire for silence and solitude. With his departure, a strong, sharply defined personality has been severed from our educational life, leaving a wide gap where he had stood, and it will be difficult for the public to fill it any time soon. Only a small inner circle, thinned out by death, preserved the knowledge that in him lived one of the finest, purest protagonists in the great spiritual battles of our times.

     In every human science there are two ways. One leads to depth, the other to breadth. The first way is that of strict research, the other way is that of teaching. Since antiquity the great scientist has also had the ambition to be a good teacher. But by custom, researchers think and teach only within the narrow confines of their own research, and their teaching develops the foundations for that research. Today, this restriction is no longer possible. A new requirement knocks at the gates of the huge research temple. A healthy democratic spirit has gripped mankind. An incalculable amount is required of science instruction, not because the hearer wants to do research himself, but because science has become a force in our lives, and is a necessary part of our philosophy. And this applies first and foremost to modern natural science. It has not only redesigned our technology and our whole practical life from the ground up. More importantly still, it has given us a revolution of the spirit through the new, enormously expanded world view of the sciences. Finally, since the nature of research in evolution is also research in a historical science, because it bears witness to the destruction and creation [“Vergehen und Werden”] of things, not merely the ordinary historian’s concern for the culture for thousands of years, but for millions of years, it concerns the deepest issues of our most precious inner life, with the foundations of our whole thinking, which the highest of humanity acting morally can no longer reject and disguise.
viii
     Hier erwächst die Notwendigkeit einer neuen Persönlichkeit: des Volkslehrers.  Vielleicht könnte man sagen, dass in ihm eigentlich nur wieder der echte Philosoph im alten sinne aufersteht. Und gewiss ist ja, dass durch die Betonung der Weltanschauungsbeziehungen in den Forschungsergebnissen als des Wichtigsten der Volkslehrer zugleich zum praktischen Philosophen wird wieder in einer glücklichen Form, die eine allzu abstrakte Kathederphilosophie nicht eben zu ihrem Glücke, wenn auch zeitweise in einer Art Notlage, lange Zeit abgelehnt und verloren hatte. Es gehören aber noch andere Gaben dazu, die nicht ohne weiteres mit Philosophie zusammenfallen, obwohl der Philosoph jener älteren Art sie meist ebenfalls mitbrachte. Ästhetische Gabe gehört dazu. Die Forschung in ihrem Laboratorium zerfetzt die Dinge; sie darf eine äussere Form zerstören, um in ihren Teilen in immer tiefere Formengeheimnisse einzudringen. Die Volkslehre, die diese entblössten, zerstückelten, atomisierten Teile so wieder vorbringen wollte, würde das Bild nicht erweitern, sondern in gröblicher Weise vermengen und fälschen. Ihre Aufgabe ist es, das real Zerstörte in der Idee wieder zusammenzuschliessen, wieder als ein vollständiges Bild zu geben, allerdings durchgeistigt zugleich von den Ergebnissen der Schau in das geöffnete Innere. Dieser Wiederherstellungsprozess ist aber eine Arbeitsleistung, die nicht in den Instrumenten der Forschung selbst gesucht werden darf, so oft das auch irrtümlich geschieht: -- ihr Werkzeug ist ein ästhetisches, ein bildnerisch schaffendes, wie es nur durch künstlerische Kräfte ermöglicht wird. Deshalb treten an die volkstümliche Darstellung selbst der entlegensten und intimsten naturwissenschaftlichen Ergebnisse besondere Stil-Forderungen, die Forderung besonderer plastischer und dramatischer Fähigkeiten heran. Wehe dem Volkslehrer, der diese Dinge gering schätzt, weil er sie nicht im Museum, auf der Sternwarte und im Anatomiesalle Lernen konnte, ja dort von ihnen nicht einmal eine Erwähnung fand. Wehe dem Wissenschaftler, der meint, diese besonderen Gaben schon von selbst zu besitzen, weil er die Methoden der strengen Sachforschung erlernt hat. Darum, um solcher leichtsinningen Vermutungen willen, der grosse klaffende Riss in unsern Tagen: hier der strahlend aufsteigenden, in sich gefestigten Naturforschung, -- dort des Volkes im weitesten Sinne bis zum schlichten Handarbeiter herab, -- und doch keine Vermittelung, ein haltloses Plänkeln und Stümpern verfehlter Versuche, handgreiflich Armseliges triumphierend, weil nichts Besseres,  nichts Gutes da ist, ein Rufen und Verlangen von allen Seiten und keine Tat, keine Leisstung in ungezählten Fällen.

     Here arises the need for a new personality of the people's teacher. Perhaps one could say that in him reappeared the true philosopher in the old sense. And certainly that is true, that is by emphasizing the ideological relations in the research results as the most important task of the popular teacher, combined with practical philosophy, he brought all back into a happy form, which an overly abstract ivory tower philosophy had rejected and lost over time. There are other gifts too, not easily associated with philosophy, although the philosophers of the older type usually possessed. The aesthetic gift is one of them. The research in their laboratory tears apart things, but may not penetrate through the outer shell to penetrate through to the deeper mysteries. The popular teaching that would make these denuded, fragmented, atomized parts whole again might not clarify the picture, but rather mangle it in a horrible and false way. His task is to unite the pieces into the idea again in order to give a complete picture, to weave the results to reveal the interior parts. This reconstruction is a work of skill, not to be sought in the instruments themselves, as often erroneously is done, it is an asthetic work, a visual creation, made possible only by artistic skill. It takes a special skill to give a clear, popular exposition of even the remotest and most intimate scientific results, calling on special flexible and dramatic skills of presentation. Woe to the popular expositor who under-appreciates these things, because he could not learn it at the museum, in the observatory, or in the anatomy lecture hall, as it is not even mentioned there. Woe to the scientist who imagines that he already possesses these special gifts, just because he has learned the proper methods of research. Because of such reckless presumption, there are gaping rifts in our times: here the radiant appearance of the well-established scientific research; there the people
in the broadest sense extending even to manual workers, who have a limitless desire and an inexhaustible curiosity and receptivity for the scientific materials -- and yet no mediator, baselessly clamoring and amateurishly inappropriate attempts, palpably pathetic triumphing, because there is nothing better, nothing good is there, with a calling out and longing from all sides and no amelioration, no response in countless cases.

ix
     Carus Sterne gehörte zu den glücklichen Naturen, denen der echte Volkslehrer-Beruf in der tiefsten Anlage im Blute lag. Seiner ursprünglichen Gabe nach war er zweifellos eine durch und durch ästhetische Natur. Lebensschicksale und ein Zug der Zeit führten ihn in die Naturwissenschaft. Er würde sich in ihr unglücklich gefühlt haben und sie wohl nur als eine kurze Durchgangstation benutzt haben, wenn nicht die gerade aufblühende Entwickelungslehre ihm einen Ausweg gezeigt hätte: den Ausweg nämlich seine ästhetisch ordnende und plastisch rekonstruierende Gabe in den Dienst der Volkslehre zu stellen zur Vermittelung der grossartigen neuen darwinistischen Resultate. Verhiessen sie doch nichts Geringeres als eine neue “Schöpfungsgeschichte”, eine real beweisbare Erzählung vom geschichtlichen Werden der ganzen sichtbaren Welt, einen historisch angelschauten “Kosmos”. Die ästhetische Ordnung, die diese wunderbaren Dinge zu ganzer Wirkung aufreihte, erschien gerade vor diesem Stoff zugleich als die erfolgreichste Verbündete der Philosophie auf einem ganz unbetretenen Wege. An dieser Stelle ist das Buch “Werden und Vergehen” entstanden, das dem Namen Carus Sterne Weltruf gegeben hat.

     Ernst Ludwig Eduard Krause war ein Son der Mark, in Zielenzig in der Neumark am 22. November 1839 geboren. Über seinen Entwickelungsgang liegen mir einige Notizen von seiner Hand vor, die jedenfalls die charakteristischsten Linien geben. Bei seiner “ursprunglich geringen Anlage und Neigung für alte Sprachen” bezeichnet er es als günstiges Schicksal, “nicht einem Gymnasium, sondern einer Realschule (in Meseritz)” zu seiner Ausbildung übergeben worden zu sein. Eine ausgesprochene Liebe für klassische Studien und weitgehende Belesenheit in der antiken Literatur, die er sich also autodidaktisch erworben hatte, ist gleichwohl später so sehr ein charakteristischer Zug in seinem Bilde gewesen, dass ich selbst ihn lange und bis zu einer mündlichen Aufklärung geradezu für einen erst später zur Naturwissenschaft abgeschwenkten klassischen Theologen gehalten habe. Die Realschule zu Meseritz, von dem bekannten Entomologen Professor Hermann Löw geleitet, besass aussergewöhnlich reich naturwissenschaftliche Lehrstunden und Lehrmittel bei trefflichsten Lehrkräften. Den Natursinn des Knabe weckten früh die schönen fossilen Bernsteininsekten in des Direktors Sammlung,  sowie “Exkursionen mit dem Oberlehrer Rade, der den an silurischen Versteinerungen überaus reichen “Schanzenberg” beinahe bergmännisch in Stollen ausbeutete” und “dem wissbegierigen Schüler das Interesse für die Geschichte des Erdballs und seiner vorzeitlichen Bewohner früh einimpfte.”  Bescheidene häusliche Verhältnisse führten, als es zu einer Berufswahl kam, zunächst zu einem Kompromiss mit dieser erwachenden Neigung: Krause schlug die Apothekerlaufbahn ein. Das Schicksal hat ihn später von dieser wenigsten nicht ganz so weit verschlagen, wie seinen Landsmann Theodor Fontane, mit dem er in ausgesprochener Weise Zeit seines Lebens einen Zug gemein hatte: die Abneigung gegen Feierlichkeit, Pose und Zurschaustellung der eigenen Person.


     Carus Sterne possessed in the very depths of his being, that fortunate nature of a true teacher of people. His original gift was undoubtedly a thoroughly aesthetic nature. Fate and a train of events led him to the natural sciences. He would have felt unhappy in it and it would have probably only been a brief stopping off point, had not the blossoming of evolution shown him a way out, that is, an opportunity to put his  aesthetic sense and flexible gift of explanation in the service of teaching people the results of the great new Darwinism. It promised nothing less than a new "creation story", the actually provable historical narrative of the generation of the entire visible world, as by an angel watching the historical "Cosmos". The aesthetic order in which these wonderful things lined up to full effect, appearing just before the substance as companions to the most successful philosophy  advancing in completely untrodden paths. At this point, the book "Werden und Vergehen" [Emergence and Decay] arose, which gave the name Carus Sterne a worldwide reputation.

     Ernst Ludwig Eduard Krause was born a Son of Mark, in Zielenzig in Neumark on 22 November 1839. About his early education I have had some notes from his own hand, with his characteristic expression. With his "limited interest and passion for ancient languages," he calls it good fortune that he was handed over for training "not to an academic (gymnasium), but to a general (Realschule) high school (in Meseritz)." A very real love for classical studies and extensive reading in ancient literature, which he acquired by self-teaching, has been so much a part of him, that I attribute it to a long oral enlightenment first in classical theology, which he later applied to science. The secondary school at Meseritz, led by the famous entomologist Professor Hermann Loew, possessed exceptionally rich scientific lessons and teaching materials with the most excellent teachers. The boy’s natural wonderment awoke early with the beautiful fossil amber insects in the Director’s collection, as did "field trips with the senior teacher Rade, who expounded on Silurian fossils during exceedingly productive ‘fieldwork’ in nearby mine tunnels” and “the inquisitive student interest was early inoculated with the history of the globe and its prehistoric inhabitants." When it came to a career choice, his modest domestic situation led next to a compromise with this awakening inclination: Krause pursued a pharmacist's career. Fate led him later, by this devious way not quite as far as his compatriot Theodor Fontane, which he shared in a marked degree of his life a common trait: the dislike of ceremony, posturing, and self-display.

x
Jedenfalls benutzte er seine Lehrjahre zu einem sehr gründlichen Universitätsstudium in Berlin. Otto Berg und vor allem Alexander Braun, der Unvergessliche, führten ihn dort in die Botanik ein und zogen ihn auch in näheren persönlichen Verkehr; Brauns Wohlwollen blieb ihm auch später treu. In der Mineralogie leiteten ihn Mitscherlich und Gustav Rose. Auch nach Ablegung seines Staatsexamens besuchte er noch zahlreiche Vorlesungen und hatte “für sehr viele Dinge mehr Interesse als für sein Fach”. Der Polyhistorzug, der ihm treu geblieben ist, hat sich offenbar damals schon bei ihm augelegt, unterstützt durch die entstehende Grossstadt, in der sich alles näher berührt als in kleinen Universitäten. “Bei der geringen Aussicht”, lasse ich ihn selbst wieder weiter erzählen, “welche die Apothekerlaufbahn mit ihren in unserer Zeit unentschuldbaren Privilegien und Konzessionen dem unbemittelten Jünger damals bot, der in absehbaren Zeit auf keine ‘Konzession’ rechnen durfte,” warf er sich “mit so vielen seiner Kollegen dem nicht viel aussichtsvolleren Berufe des naturwissenschaftlichen Schriftstellers in die Arme.” Er “hatte früh Blut geleckt,” denn schon während seines im Cüstriner Garnisonlazarett abgedienten Militärjahres hatte er “neben zahlreichen Arbeiten für Zeitschriften ein paar Bücher geschrieben, von dennen die “Naturgeschichte der Gespenster (Weimar, 1863) günstig genug aufgenommen wurde.” Die freie Schriftstellerei war auf populär-naturwissenschaftlichem Gebiet damals tatsächlich so wenig aussichtslos wie heute, sobald einer nur etwas darin konnte. Wachsender Nachfrage stand das geringste Angebot gegenüber. Was die meisten Fachgelehrten in Blättern schrieben, verstand der schlichte Verstand noch ein Teil weniger als heute. Die Brücke zu der Bildungshöhe des literarischen Publikums, die ist an sich gar nicht gering bei uns, aber fast ausschliesslich auf humanistische Bildung, Geschichte, Antike, Ästhetik gestellt fehlte überall. Männer wie Karl Vogt oder der unverwüstlich tätige Rossmässler bildeten seltene, aber allgemein hoch geschätzte Ausnahmen. Der Altmeister des “Kosmos”, Alexander von Humboldt, war tot, gerade er war bei aller Grösse doch auch der bildungshungrigen Durchschnittsmasse zu schwer gewesen. Nicht leicht konnte ein Moment günstiger sein für einen, der die literarische Form für naturwissenschaftliche Resultate als Ei des Kolumbus fand. Als Blatt, in dem sich ein freies Wort auch zur naturwissenschaftlichen Weltanschauung sagen liess, bot sich in erster Linie ihm die “Gartenlaube”, später, als deren Rolle als Geistesführerin zurückging, die “Vossische Zeitung” die “Gegenwart” und die “Tägliche Rundschau”. Eines der ersten Resultate der beginnenden Schriftstellerei war für den Autor selbst sein nom de guerre “Carus Sterne”. Vorsorgliche Redakteure warnten vor dem allzu banalen “Krause” und so wurde aus den wahren Buchstaben des Namens das seltsame Anagramm “Carus Sterne” herausgeflügelt, “nicht eben glücklich”, wie sein Besitzer später meinte; aber es ist nun einmal sein “echter” Name vor der Welt geblieben.

In any event, he used his preparatory years to get a very thorough university education in Berlin. He studied under Otto Berg, and especially Alexander Brown in botany and began a close personal relationship; Brauns goodwill remained true to him in later years. In mineralogy, Mitscherlich and Gustav Rose guided him. Even after completion of his thesis, he attended numerous lectures and had "very many things more interesting than his specialty." His interests in classical studies remained faithful to him, and captured attention, despite the prejudices of a major city that exceed those of small universities. "In the slim chance," in his own words, "that the pharmacist’s career provided its impecunious disciples with slight privileges and concessions, who could expect any such ‘concession’ in the not much more promising profession of science writer?" He "infused some early blood," because during his time in Cüstriner military hospital ready to serve his year in the military he had "written in addition to numerous works for magazines, a few books. Of these, the ‘Natural History of Ghosts’ (Weimar, 1863) was favorably received enough." Freelance science writing was popular at that time, not so pointless as today, as long as one knew something about the subject. Growing demand was offset by the lowest offer. What the most professional scholars wrote on pages, the populace understood somewhat less than today. The span between the scholars and the general literary public is not small for us today, but it is founded almost exclusively on education in the humanities, history, and antiquities; science is missing on the whole. Men such as Karl Vogt or the irrepressible Rossmaessler were rare but generally esteemed exceptions. The doyen of the "cosmos," Alexander von Humboldt, was dead, he had exact understanding in all areas of knowledge, that were too weighty for the average educationally-deprived masses. But this was not a barrier for one who could express scientific results in strikingly simple (=Ei des Kolumbus) ways. As a Journal in which remarks about the scientific world view could be said, he was first offered the "Gazebo", and later as it declined in its role as a spiritual leader, the "Vossische Zeitung" the "Gegenwart" and the "Daily Observations". One of the first results of the early writing was his choice of "Carus Sterne" for the author, as his own nom de guerre. Precautionary editors warned against the all too banal "Krause" and so was the strange anagram "Carus Sterne" born out of the true characters of the name, "not happy", as its owner said later, but it happens that his "real" name remained before the world.
xi
     Von England war mit Beginn der sechziger Jahre die neue Lehre Darwins auch nach Deutschland herübergekommen. Anfangs mit Hohn und Spott von allen offiziellen Lehrstätten verfolgt, gewann sie doch überraschend schnell in jungen Köpfen Anhänger. So in Jena bei Gegenbaur, zu dem sich bald Haeckel fand, und so auch in dem jungen Krause. “Mit Begeisterung hatte er sich der neuen Lehre bereits seit ihren ersten Anfängen angeschlossen.” Zunächst suchte er sie in die wissenschaftliche Botanik einzuführen. Er schrieb eine “Botanische Systematik in ihrem Verhältnis zur Morphologie.” (Weimar 1866), in der er “mit grosser Keckheit, zu der Alexander Braun bedenklich das weisse Haupt schüttelte”, die Entwickelungs idee auf das Pflanzenreich übertrug.  Es war das gleiche Jahr, in dem Haeckel durch seine klassische “Generell Morphologie” das gesamte biologische System nach ähnlicher Richtung reformierte. Die Universität Rostock nahm Krauses kühnes Schriftchen als Doktordissertation an. Den Abschluss dieses ersten Jahrzehnts Darwinismus bildete für den Autor ein “Rückfall in die Apothekerei”: er zog als Stabsapotheker mit in den Krieg von 1870/71. In späteren Jahren erzählte er noch in seiner schlichten, immer etwas berlinerisch skeptischen Art gern von den Erlebnissen bei Weissenburg, Wörth, Sedan, den Tagen von Paris und der Kommune. Er hatte all diesen Ereignissen beim Generalstabe des XI. Armeekorps in nächsten Nähe beigewohnt und brachte die Zivilklasse des eisernen Kreuzes heim,  -- seiner Person nach alles eher als ein kriegerisch veranlagter Geist. Und doch harrte seiner daheim gar bald jetzt der grösste Geisteskampf seines Lebens, in dem er “mehr Feinde erlegen konnte als in Frankreich”. Seine “Kampfartikel gegen Ultramontane, rückschrittliche Naturforscher, Philosophen und andere Gegner der neuen Weltanschauung, die in langer Reihe in der Vossischen Zeitung und Gartenlaube erschienen”,  hatten ihn bald in freundschaftlichen Verkehr mit Ernst Haeckel gebracht. Haeckel hatte inzwischen durch seine “Natürliche Schöpfungsgeschichte” den äusserst glücklichen, obwohl von den Fachgenossen aufs Höchsten ihm verübelten Versucht gemacht, den Darwinismus vor das Forum breitester Öffentlichkeit zu bringen. Der Erfolg des kleinen, aber staubaufwirbelnden Bandes lenkte die Aufmerksamkeit des Leiters des “Vereins für deutsche Literatur” auf einen verwandten Stoff, und er forderte Krause auf, ihm eine ähnliche, vielleicht noch etwas volkstümlichere und im Standpunkt etwas weniger rigorose “Schöpfungsgeschichte” vom darwinistischen Boden aus zu schreiben. So entstand “Werden und Vergehen”, in der ersten Ausgabe ebenfalls nur ein schmales Bändchen der bescheidensten Ausstattung.  Immerhin forderte der Stoff einige Holzschnitte und das veranlasste, dass es schliesslich doch nicht in jenen Vereinspublikationen, sondern unabhängig im Verlage der Gebrüder Borntraeger, dem gleichen, der es heute nach allen Wandlungen noch besitzt erschien. Ein Meisterwerk knapper und doch klarer Darstellung, voll origineller Ideen und für unzählige Leser auch in den schon übernommenen mit dem ganzen packenden Reiz der Neuheit, schlug das Büchlein durch, wie wenige seiner Zeit.



The new theory of Darwin came to Germany from England at the start of the sixties. It first was greeted with scorn and derision from all the official educational establishments, but it won young minds with surprising speed: Gegenbaur in Jena which soon also found Haeckel there, and also the young Krause. "With enthusiasm, he had already joined the new doctrine from its earliest days." First, he sought to introduce scientific botany. He wrote a "Botanical nomenclature in its relation to morphology." (Weimar 1866), in which he carried over "with great boldness, Alexander Brown shaking his white head," the idea of evolution transferred to the plant kingdom. It was the same year in which Haeckel with his classic "General morphology," recast the whole biological system in a similar direction. The University of Rostock took Krause’s bold pamphlet as a doctoral dissertation. That first decade of Darwinism then ended for the author in a "relapse into the apothecary": he served as a staff pharmacist in the war of 1870-71. In later years he related in his simple yet always somewhat skeptical Berlinish skepticism, his experience at Weissenburg, Wörth, Sedan, in the days of Paris and the Commune. He had all these adventures while attending at the General Staff of the XI Army Corps, and which brought him the civil class of the Iron Cross - his person gifted by anything but a warlike spirit. And yet there now very soon awaited him at home the biggest fight of his intellectual life in which he "could kill more enemies than in France." His "fight against Article Ultramontane, retrograde naturalists, philosophers and other opponents of the new belief, which appeared in a long series in the Voss ‘Zeitung und Gartenlaube’ " had him soon brought into friendly relations with Ernst Haeckel. Haeckel had been pleased with his "Natural History of Creation", even though his colleagues resented to the highest level his attempts to bring Darwinism to the widest possible public. The success of the small but rabble-rousing band drew the attention of the head of the “Association of German Literature” on a related matter, and he asked Krause to write down a similar, maybe a little more popular “Creation Story” based on Darwinism, but from a little less rigorous standpoint. The result was " Werden und Vergehen" at first only a thin and modest achievement. Some of the original materials called wood cuts survived -- not just the prints –- in the possession of the Brothers Borntraeger publishers, who are also the present publisher after all the changes have been made. It is a masterpiece of concise yet clear presentation, full of original ideas and to countless readers already caught up with the exciting charm of novelty, it is striking how few the book affected in its time.


xii
Reife Männer erinnern sich heute gern, wie sie es als Studenten gemeinsam gelesen, verschlungen, als eine wahre Offenbarung bewundert haben. In der weiten Menge der Gebildeten wirkte es ganz besonders durch die gemütvolle und versöhnliche Art, wie es die heikleren Probleme der neuen Entwickelungslehre, vor allem die Stellung des Menschen in der Natur, behandelte. Gleichwohl wurde es einige Jahre nach Erscheinen der ersten Ausgabe Gegenstand gerade des heftigsten Angriffs, den der Darwinismus an entscheidendster öffentlicher Stelle in Deutschland bis dahin erfahren hatte. Es gab den äusserlichen Vorwand her zu einem grimmen Vorstoss der Gegner gegen den aufgeklärten Kultusminister Falk im preussischen Abgeordnetenhause. Es hat im Lichte der späteren Ereignisse heute eine gewisse drastische Wirkung, wenn man sich erinnert, dass es der Freiherr von Hammerstein war, der am 15. Januar dort diese Fehde eröffnete. “Er brachte”, erzählt Krause selbst, “als einen Beweis, wie tief unter Falks Leitung die religiöse und sittliche Haltung der Schulen gesunken sei, die grause Mär vor,  dass der Oberlehrer Hermann Müller in Lippstadt – der berühmte Erforscher der Wechselbeziehungen zwischen Blumen und Insekten – vor mehreren Jahren das damals neu aufgelegte Buch lobend in einer Unterrichtsstunde (der kombinierten Sekunda und Prima des dortigen Realgymnasiums) erwähnt habe und daraus “Lästerungen der Dreieinigkeit, Bezeichnungen des Christentums als Fetischismus,” ja sogar die Parodie eines Biblewortes (“Im Anfang war der Kohlenstoff”) hätte vorlesen lassen. Die Unwahrheit der Hammersteinschen Anklage wäre leicht zu erweisen gewesen, denn da das Buch sich von allen solchen Angriffen fern hält, so konnten sie auch nicht daraus vorgelesen sein. Gleichwohl wurde in einer zweiten Sitzung am 17. Januar mit der grössten Erbitterung weiter gegen diese Windmühlen gekämpft, bis endlich am dritten Tage das Buch zur Stelle geschafft war und die inkriminierte, damals wirklich zur Vorlesung gelangte Stelle mitgeteilt werden konnte. Sie ergab sich hierbei als eine jeder Verletzung des religiösen Gefühls fernliegende, ruhige wissenschaftliche Beleuchtung des bekannten Passus im Eingange von Goethes Faust, (vgl. in dieser 6. Auflage S. 143), und ein berühmter, wortgewandter nationalliberaler Führer wies darauf hin, dass dem Buche eine ganz ähnliche Haltung nachzurühmen sei, wie sie der Ober-Konsistorialrat Herder schon im vorigen (18.) Jahrhundert in seinen “Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit” gegeben habe. So endigte denn der dreitägige Kampf gegen Hermann Müller (oder vielmehr gegen den Kultusminister) mit einer grossen Niederlage für Windhorst und seine Genossen. Sie mussten hören, dass Müller den Ruf eines ausgezeichneten Schulmannes behielt, wie er denn auch bald darauf zum Professor ernannt wurde.”

     Krauses Buch aber verdankte dem Zwischenfall an so allseitig sichtbarer Stelle einen neuen Aufschwung seiner Popularität. In den Kreisen der Entwickelungsanhänger galt seine Person hinfort als die eines Vorkämpfers.




Mature men like to remember today how they read it together as students and admired it as a true revelation. In the vast quantity of educated people it worked especially in a soulful and conciliatory manner the way in which it dealt with the delicate problems of the new evolution, especially the position of man in nature. However, it was a few years after the first edition appeared that Darwinism experienced the most violent attack up to that time at the most critical public office in Germany. There was an external pretext of the opposition to make a fierce attack against the enlightened Minister of Culture Falk in the Prussian House of Deputies. It was, in the light of subsequent events today a drastic action when one remembers that it was the Baron von Hammerstein, who started this feud there on the 15th of January. "He brought," Krause himself recalled, "before the House as evidence of how low under Falk's leadership, the religious and moral attitude of the schools had sunk,the cruel myth that the head teacher, Hermann Müller in Lippstadt –  the famous investigator of the relationships between flowers and insects – had mentioned several years ago in a newly launched book  a lesson (the combined Second and First Class of the local high school) in which he had them read "blasphemy of the Trinity, an account of Christianity as fetishism," and even a parody of a Biblical text ("In the beginning - was the carbon"). The falsehood of Hammerstein's indictment could have been easily demonstrated, because as the book is far beyond all such attacks, the students could not even read it. Nevertheless, in a second meeting on 17 January with the greatest bitterness they continued to fight against the windmills, until finally on the third day the book was accepted on the spot, and the incrimination dismissed; from that time it could be used for course work. They showed this was far from a breach of any religious feeling, in the quiet light of the well-known scientific passage at the opening of Goethe's Faust (see, in this 6th edition, p. 143), and a famous, eloquent National Liberal leader pointed out that the book adhered to a very similar attitude, as the Over-Consistorial Minister Herder, already in the last (18th) century in his "Reflections on the Philosophy of the history of mankind" has related. So then ended the three-day battle against Hermann Müller (or rather against the Minister of Education) with a big defeat for Windhorst and his comrades. They were obliged to hear that Müller retained the reputation of a distinguished educator, as he was appointed soon thereafter as the top professor. "

     Krause's book, however, owed to this incident in such a prominent place a revival of his popularity on all sides. In evolutionary circles he was henceforth a champion.

xiii
Inzwischen hatte es die Gunst der Stunde gefügt, dass er auch äusserlich auf einem Posten getreten war, der recht eigentlich als fast oberster Vorkämpferposten für Jahre in Deutschland gelten sollte. 1877 war er als Leiter an die Spitze einer vornehmen Monatsschrift berufen  worden, die under dem Namen “Kosmos” ein Sammelpunkt aller darwinistischen Bestrebungen in gemeinverständlicher Form und zugleich die erste deutsche Zeitschrift grossen Stils für allgemeine Naturforschung sein sollte. Vorzüglich inszeniert, mit einem Stabe erster Kräfte als Mitarbeitern sofort glänzend gestützt, hat der “Kosmos” in seinen elf ersten, von Krause ausgezeichnet redigierten Bänden ein noch heute wissenschaftlich unentbehrliches, in der Geschichte deutschen Zeitschriftenwesens einzigartiges Monumentalwerk geliefert. Als Krause, erdrückt von der Last einer Redaktionsarbeit unter besonders schwierigen Verhältnissen, zurücktrat, ging das Ganze unaufhaltsam schnell herunter und bald ganz ein, ein Zeugnis für seine tragende persönliche Kraft. Neben vielen Sorgen brachten die Kosmos-Jahre ihm doch auch reichlichen geistigen Gewinn. Er selbst stand auf der Höhe seiner Kraft. Jetzt erst begann er auch in biologischen Fachkreisen das verdiente Ansehen zu gewinnen. Das Band mit Haeckel festigte sich. Dazu traten wachsende gute Beziehungen zu Fritz und Hermann Müller, Preyer, Hellwald und viele andern,  die ihn sehr beglückt und über die Redaktionszeit fortgedauert haben. Am wertvollsten aber gestaltete sich seine Berührung mit dem grossen Altmeister Charles Darwin selbst. Darwin hatte die Erlaubnis gegeben, dass die Zeitschrift ihn neben Haeckel als Mitherausgeber nennen durfte.  Es blieb aber dem Redakteur gegenüber nicht bei dieser Äusserlichkeit. Krause hatte eine feinsinnige, mit dem ganzen Rüstzeug seiner staunenswert vielseitigen Belesenheit ausgestatte Studie  über den genialen Grossvater Charles Darwins, den Naturphilosophen und Dichter Erasmus Darwin, geschrieben. Diese Schrift, die ihn sehr interessierte, liess Charles Darwin selbst ins Englische übersetzen und erhöhte ihren Wert noch beträchtlich durch eine in der ersten englischen Ausgabe (London 1879) nicht weniger als 127 Druckseiten umfassende “Preliminary Notice” über Erasmus Darwin – ein Beweis, wie Krause gern hervorhob, ganz besonderen Zutrauens,  da dieses in England mehrfact aufgelegte, auch ins Deutsche zurückübersetzte Buch (Leipzig 1880) das einzige geblieben ist, das Darwin mit einem anderen Autor zusammen veröffentlicht hat. Nach Darwins Scheiden hat dann Krause noch ein inhaltsreiches eigenes Büchlein über “Darwin und sein Verhältnis zu Deutschland” (Leipzig 1885), sowie eine pietätvolle deutsche Ausgabe von Darwins “Gesammelten kleineren Schriften”, von denen keine englische Ausgabe existierte, (Leipzig 1880) herausgegeben.

     In rascher Folge kamen jetzt volkstümliche Werke aus Krauses bienenhaft fliessiger Feder heraus: -- ich nenne nur: “Die Krone der Schöpfung” (1884), “Plaudereien aus dem Paradeise” (1886), “Die allgemeine Weltanschauung in ihrer historischen Entwickelung” (1889), “Natur und Kunst” (1891), letzteres leiden nur eine Abschlagszahlung auf ein umfassendes Werk über diesen Gegenstand, das er Jahre lang vorbereitete, das er aber schliesslich doch nicht geschrieben hat.



Meanwhile the favor of the hour conspired to put him into a position which he held for years, and that should fairly be considered as one of the most prominent in Germany. In 1877 he was appointed as editor of a distinguished monthly journal, called "Cosmos" a collection point for all efforts to express Darwinism in common comprehensible form and the first major German magazine styled for general scientific research. Excellently presented, with a top-level staff collaborating to produce a sparkling product, the “Kosmos” had eleven volumes, with Krause as the head editor. It was a unique monumental work in the history of German journal publication, even more scientifically indispensible today. When Krause, crushed by the burden of editorial work under particularly difficult conditions, stepped back, the whole thing quickly fell apart, a testimony to his essential personal role. In addition to many concerns, the Kosmos-Jahre brought him abundant spiritual benefit. He was at the height of his power. Now he first began to enjoy a deserved reputation among biological experts. A link was formed with Haeckel. In addition, good relations developed with Fritz and Hermann Müller, Preyer, Hellwald, and many others, who were very pleased with his work, which  continued beyond his writing years. Of greatest value, however, was his contact with the great old master Charles Darwin himself. Darwin had given permission for the magazine to call him along with Haeckel, as co-editors. But the editorial work remained with Krauss himself, not with these nominal editors. Krause had written a sensitive study of the genial grandfather of Charles Darwin, the natural philosopher and poet Erasmus Darwin, with the whole panoply of his amazingly versatile erudition.  This work, which interested him very much, he allowed Charles Darwin himself to translate into English for the first English edition (London 1879), and increased its value significantly with no less than a 127 page "Preliminary Notice" on Erasmus Darwin – a demonstration, as Krause liked to point out, of a very special confidence, that this book launched in England was translated back into German (Leipzig, 1880) and remains the only one that Darwin had published together with another author. After Darwin's death [1882, dcb] Krause released another contents-rich book of his own about “Darwin and his relationship to Germany” (Leipzig, 1885), and a memorial German edition of Darwin's "Collected minor works" of which there was no English edition, (London 1880)

     In rapid succession, popular works sprang from Krause's pen: - I name only: "The Crown of Creation" (1884), "Chatter out of Paradise" (1886), "The Worldview of Historical Evolution" (1889), "Nature and Art" (1891), the last only being a down payment to a comprehensive work on this subject, which he worked on for years, but did not complete.


xiv
Alle seines liebenswürdigen Geistes und breiten Wissens voll, reicht doch keines dieser Werke an “Werden und Vergehen” heran. Er selbst sah denn auch in der Folge sein eigentliches Berufsgebiet auf einem ganz neuen Felde, wo er keineswegs gesonnen war, bloss as Volkslehrer zu wirken, sondern als Forscher im strengen Sinne angesehen werden wollte und konnte. 1877 war es ihm nach seiner Ansicht gelungen, “ein Rätsel, welches die Phliologen Jahrzehntelang gequält hatte, nämlich die aus dem Fehlen der scharfen Bezeichnungen für die blaue und grüne Farbe in allen alten Kultursprachen von Ludwig Geiger, Gladstone, Magnus und vielen andern gefolgerte “Blaublindheit” des Homer und aller alter Völker als erster als einem Mangel der Sprache und nicht der Sinnesentwickelung nachzuweisen”. Durch ein Grenzgebiet, wo sich Naturforschung und Archäologie berührten, so allgemeiner auf “antiquarische” Studien gedrängt, schienen sich ihm plötzlich neue und umfassende Einblicke zu ergeben für die Sagenforschung, die indogermanische Rassenforschung und eine weite Linie angrenzender Stoffe. In drei Bänden “Tuiskoland” 1891 “Die Trojaburgen Norddeutschlands” 1893 und “Die nordische Herkunft der Trojasage” 1893, suchte er in einer eigentümlichen Mischung gemeinverständlicher und streng wissenschaftlicher Darstellung nachzuweisen, dass “Die Mythenkreise der indogermanischen Stämme und namentlich die Sage vom Trojanischen Kriege aus dem europäischen Norden stammen”. Auf das verwickelte Gewebe zweifellos höchst geistvoller Theorien in diesen Werken kann an dieser Stelle weder inhaltlich, noch sachkritisch eingegangen werden, es genüge der Hinweis, das auch sie auf ihrem Felde viel Staub aufgewirbelt haben und noch fortgesetzten Debatten unterliegen. Rein wissenschaftlich enthalten sie jedenfalls Krauses solideste und nachhaltigste Leistung. Inmitten einer zum Teil äusserst oberflächlichen und ungerechten Polemik seitens gewisser Philologenkreise, die dem schwierigen Pionierweg Krauses bloss starre Dogmen hergebrachter Tradition entgegenzustellen wussten und ihn damit abgetan glaubten, hat er selbst bis zu seinem Tode seine Grundhypothesen vollkommen aufrecht erhalten, überzeugt, dass man auf sie zurückkommen werde. Andererseits trugen allerdings diese Fehden, die oft einem gehässigen Ton gegen sein stets vornehmes und lauteres Streben anschlugen, zu einer gewissen Verbitterung bei, die, durch mancherlei engere Lebensschicksale wohl auch sonst beeinflusst, in seinen letzten Jahren bei ihm zunahm. Ein Mann des Friedens, der im eigenen Widerspruch stets massvoll bliebt, ertrug er ausgesprochene Ungerechtigkeit schwerer als andere, und da es ihm an gleicher Waffe fehlte, reagierte er mit resignierter und melancholischer Stimmung, die einen Schleier über sein ursprünglich so frisches Gemüt warf. Von der Stimmung aber war gerade bei ihm wieder die Productionskraft in auffälligem Masse abhängig. Reiche Pläne sind nicht mehr zur Ausführung gelangt, in den letzten Jahren zeigten sich Spuren einer fühlbaren Ermattung. Immerhin riss ihn der Tod aus einem geistig immer noch rastlosen Leben.



All of these works convey his amiable spirit and broad knowledge fully enough, but none of them approach “Werden und Vergehen”. He seldom saw himself, even in these events as a real professional in an entirely new field, where he was not merely acting as teacher of the people, but as an able researcher in the full sense. In 1877, he thought he had uncovered an insight, "a mystery that had plagued the philologists for decades, that can be inferred from the absence of sharp terms for the blue and green color in all the ancient languages of culture which Ludwig Geiger, Gladstone, Magnus and many others – the " blue-blindness "of Homer and all the ancient peoples – attributed primarily to a defect of language and not to evolution of the senses." Through a border area, where natural science and archeology meet, reaching so generally to "antiquarian" studies, it suddenly seemed to him  to give new and comprehensive insight into the research of legends, the Indo-European race, and a broad line of related subjects. In three volumes: "Tuiskoland" 1891 "The Troy Towns in northern Germany" 1893 and "The Northern Origin of the Troy legend" 1893, he sought to prove with  a peculiar mix of popular perception and formal science to prove that "The myths of the Indo-European tribes, including the legend of the Trojan war originate from the north of Europe. Undoubtedly, highly ingenious theories can be woven on this intricate fabric, but as yet nothing of substance can be done properly; it is sufficient to note that these works have also stirred up much dust in their field and are still subject to ongoing debate. From a purely academic point of view, they perhaps contain Krause’s most solid and sustained performance. Using  a somewhat very superficial and unfair polemic on the part of certain philological circles, they attacked and dismissed the difficult pioneering paths of Krause merely with rigid dogma and traditional views; he himself, up to his death, fully adhered to his basic assumptions, confident that the philogists would return to them. On the other hand, however, these feuds endured, and often struck a spiteful tone towards his always elegant and sincere efforts, that perhaps because of other circumstances in his last years, grew into a certain bitterness. A man of peace, who always remained moderate when opposed, he bore outspoken injustices more heavily than others, and because he lacked the same weapon, he reacted with resignation and a melancholy mood, which cast a veil over his once fresh mind. But the drive to be productive depended in a striking way on that mood. Rich plans were no longer pursued and in recent years, he showed indications of a palpable weariness. But in the end, death tore him from a still restless spirit.


xv

     Ein stilles Gelehrtendasein echt deutscher Art war dieses Leben im ganzen. Er stellte keine Forderungen an äusserliche Dinge. Er, der so viele Jahre in Berlin lebte, dessen Namen man so oft in den Blättern fand, war im literarischen Leben wie im Gesellschaftsleben der Hauptstadt eine unbekannte Persönlichkeit, die man irgendwo, weit draussen oft, suchte. Selten hat ein Pseudonym seinen wirklichen Träger so lückenlos gedeckt und verdeckt. Mir schwebt er am liebsten von Ausflügen im märkischen Kiefernwalde vor. In ganz engem, vertrautestem Kreise öffnete sich sein verschlossener Blick. Auf seiner schlichten Statur trat dann der schöne Denkerkopf mit den Geisteslinien hervor. Sein eigentliches Reich aber war sein Arbeitszimmer, seine grosse Bibliothek, in der er, auch persönlich mit den älteren Zügen des Polyhistors, schaltete. Durch das äussere Leben schritt er als einfacher Mann aus dem Volke; in seinem Heiligtum hinter seinen Büchern sass er als ein König.  Mancherlei privates Leid ging durch sein Leben. Das hat er als ein Mann getragen.

     Nach Krauses jähem Tode (ein Herzschlag raffte ihn hin) entstand Sorge, was mit seinem wertvollsten Erbe, dem Buche “Werden und Vergehen”, werden sollte. Wie ein Nachlass wurde es mir übergeben, es war besonders der Wunsch des Mannes dem es gewidmet ist, Ernst Haeckels, dass ich es fernerhin herausgeben möchte. Diese Herausgabe wurde aber sogleich akut, da die letzte, 1900 von Krause besorgte Doppel-Auflage (die vierte und fünfte) grade im Moment seines Todes vergriffen war. Irgend welche Vorarbeiten von seiner Hand fanden sich nicht vor, ebenso wenig wie irgend welche Quellnachweise über das Material der vorhandenen Auflagen, das sich bei Krauses aussergewöhnlicher Litteratur- und besonders Zeitschriftenkenntnis über die entlegensten Gebiete und Quellgründe sehr verschiedener Art ausdehnte. In Anbetracht der kurzen Zeit, die seit der letzten Bearbeitung verflossen war und andererseits der grossen Eile, die es mit dem Neudruck hatte, wenn der volkstümliche Zweck nicht leiden sollte durch ein Fehlen grade dieses Werkes, konnte es ratsam scheinen, den Text wesentlich noch einmal ruhig so in die Welt gehen zu lassen, wie er war. Wenn das Buch vor drei Jahren noch nicht als veraltet empfunden wurde, so brauchte es das auch jetzt noch nicht zu sein. Die Forschung schreitet ja rasend schnell heute. Aber populäre Bücher haben ein ganz bestimmtes Recht eigenen Tempos. Zum Zweck ihrer Verallgemeinerungen und artistischen Ordnungen sind zeitweise gewisse Gewaltakte nötig: so und so viel an “Tatsachen” muss einmal eine Weile gelten, damit ein Gesamtgewebe zustande komme; wenn es in der Forschung oft kaum Tagesfristen des “Festen” gibt, so muss es in der volkstümlichen Ausarbeitung immer einmal eine Paarjahresfrist geben.





     His was as a whole a quiet scholarly life in the true Germanic nature. He made no claims on outward trappings. He, who lived so many years in Berlin, whose name was found so often in book pages, was in the literary circles, as in the social circles of the capital, an unknown sought by people far outside of these circles. Rarely has a pseudonym so completely disguised its actual possessor. In my mind’s eye I see him best on trips to the Brandenburg pine forest. In a very close, intimate group, he opened his closed eye. On his average body sat a handsome thinker’s head with intellectual lines. His real kingdom, however, was his study, his great library in which he, personally switched to the older lines of polyhistorian. In his outer life, he walked as a simple man of the people; in his sanctuary, he sat behind his books as a king. Many private troubles went through his life. He was as a worn-out man.

      After Krause's sudden death (his heart gave out) there was concern, about what should become of the book “Werden und Vergehen”, with its precious heritage. As I was given the estate administration, it was the special desire of the man whom it is dedicated, Ernst Haeckel, that I would prepare it for publication. This issue became acute, because the last two-volume editions arranged by Krause in 1900 (the fourth and fifth) were out of print at the time of his death. One could not find any preparatory work in his hand, nor was there any evidence on which source provided his material, which expanded with Krause's exceptional knowledge of the literature and especially of periodicals arising from the most remote specialties and various fields of study. Given the short time that had elapsed since the last revision and on the other hand the large rush to reprint, and lest the popular purpose should suffer, by a lack of quality in the work, it might seem advisable to allow most of the text go once more quietly into the world unaltered. If the book is still not perceived as outdated after three years, it need not be even now. Research advances so rapidly today. But popular books have their own very specific rules and pace. For the purposes of their generalizations and artistic orders from time to time certain acts of violence are necessary: and so many "facts" must be applied once in a while, to arrive at a collective fabric; if in research often facts scarcely reach the "rock-solid" level, so in popular exposition, there must, as a rule, always be a delay of a couple of years to check the solidity of the facts.


xvi
Der Schaden einzelner veralteter Daten ist ja viel geringer als dort, hier trägt das Gesamtgewebe mit und auf ihm ruht die Hauptsache; oft ist es auch dem schlichten Lerner geradezu gut, die Phasen der sich erst entwickelnden Wahrheit selber etwas mit durchzumachen, ältere Hypothesen etwa kennen zu lernen, ohne die die neuere nicht möglich wäre; mag er die älteren eine ganze Weile als “echt” mit sich herumtragen, -- Schaden kann das nicht tun; soll doch ein solches volkstümliches Buch gar nicht so sehr “Tatsachen” einpauken,  als zum Denken anregen; mag der Lesen sich früh einprägen,  dass es nicht auf absolute Autorität ankommt, dass das Material in einigen Jahren vielfältig wechselt und dass man nicht auf den Buchstaben schwören soll. Grade heute steht ein umfangreiches Werk über Entwicklungslehre mit Exkursen in die strittigsten Gebiete der Biologie, Geologie und spekulativen Astronomie am stärksten vor einem wachsenden Fluss und Wirbel der Einzelheiten und der Meinungen. In nochmals einigen Jahren, wenn diese Wellen sich wieder irgendwo etwas gestaut und beruhigt haben, mag eine eigentliche und dann möglichst gründliche Umgestaltung des ganzen Buchinhaltes statthaben auf eine Form hin, die wiederum dann eine Weile als Station für den Lehrzweck stehen bleiben mag.

     Wenn ich gleichwohl in der äusserst kurzen Zeitspanne, die mir dazu nur gegeben war, eine ziemliche Anzahl Änderungen am Text schon jetzt vorgenommen habe, so leitete mich dabei ein ganz bestimmter Gesichtspunkt. Es handelte sich eben nicht um ein wissenschaftliches, sondern um ein ausgesprochen populäres Werk. Nun ergab sich mir bei der genauen Durchsicht, dass grade dieser populäre Zweck vielfach eine ganz bestimmte Auffrischung nötig machte. Formale Fragen kamen da in erster Linie in Betracht.

     Die erste Auflage von “Werden und Vergehen” war räumlich, wie gesagt, ein kleines Bändchen. Äusserst flott geschrieben, wirkte sie gerade auf dem knappen Raum durch eine höchst geniale Komposition. Mit den drei späteren Auflagen (die fünfte ist nur Wortabdruck der vierten) wurde das Buch immer dicker, es schwoll zuletzt auf zwei Bände an. Die ungeheure Fülle des zufliessenden Materials wurde nun in diesen Auflagen von Krause ziemlich gewalttätig in den alten schönen Rahmen gepresst. Zumal in der vierten Auflage erlahmte bei ihm selbst in stark fühlbarem Masse die Übersicht. Widersprüche und Unklarheiten zogen sich durch den Text, die Komposition war vielfach verschüttet bis zur Unkenntlichkeit, die lose eingeklebten neuen Teile standen sprachlich nicht auf der Höhe des ursprünglichen Textes. Gerade diese Mängel drückten aber auf das Wichtigste: die Volkstümlichkeit. Ich hatte das Gefühl, dass aller stofflichen Neubearbeitung noch erst ein “Aufräumen” voraufgehen müsse, ein klares Wiederherstellen der Grundlinien der Komposition, eine überall nachfeilende formale Revision. Diese Arbeit glaube ich im wesentlichsten geleistet zu haben. Von selbst ergaben sich dabei natürlich doch auch eine beschränkte Reihe eng verknüpster Sachänderungen.
 


The risk of older data is much less than that; here the total fabric of research contributes and rests on it; often, though, it is really good for the beginning learner, to know the phases that evolutionary truth itself went through, to be able to learn something about earlier hypotheses, without which the more recent were not possible; he may like to carry around with himself the older views for a while as  "real" – it can do no damage; indeed such a popular level book should not be so much stuffed to provide "facts" as much as food for thought, and the reader may be able to remember early on that it is not an absolute authority on matters, that  the material will change in a few years and that one should not swear on the precise wording. Indeed today there is an extensive work on evolutionary teaching with excursions into the most controversial areas of biology, geology and speculative Astronomy which grows directly from an ebb and flow of details and opinions. In another few years, when these waves have again somewhere formed a little and calmed, one may undertake a proper and most thorough transformation of the entire book contents in a form that in turn may then stand fixed for a while as a platform for teaching.

     Since I nevertheless, in the extremely short period of time that was given to me have made quite a number of changes to the text already, so I opened myself to a very specific point of view. It’s aim is not to form a scientific work, but a very popular work. So I made a careful pass through, and noted that it needed very specific updates to serve its popular audience. In the first place certain technical questions were considered.

     The first edition of “Werden und Vergehen” was in size, as I said, a small volume. Very quickly written, it seemed just in that limited space a most ingenious composition. With the three later editions (the fifth is only a reprint of the fourth), the book grew thicker, and swelled finally to two volumes. A huge amount of new material was forced by Krause pretty violently into the beautiful old frame. The fourth edition was especially hobbled with it even to a very perceptible degree in the overview. Contradictions and confusion ran through the text; the composition was often disorganized to the point of incomprehensibility; loosely connected parts were not integrated with the quality of the original text. These deficiencies affected, most significantly, its popularity. I had the feeling that all material revision must begin over again, with a recovery of the basic lines of the composition, to make a complete formal revision. This work, I believe to be the most important contribution possible. By this means it provided a natural way to also integrate a limited number of topical changes.

xvii

In diesen ist es mir öfter darum zu tun gewesen, vor allem das, was Krause sagen wollte, wirklich klar herauszubringen, und so dem Buche wenigstens für seinen Standpunkt oder die Zeit, die es spieglen soll, zum deutlichen, allgemein verständlichen Worte zu verhelfen.  Nur andeutend habe ich hier und da auch schon Linien und Verzahnungen angelegt, wo eine wirkliche rein sachliche Neubearbeitung wohl einmal einsetzen müsste. Privatmeinungen des Autors habe ich natürlich möglichst geschont,  besonders alle allgemeineren Sätze durchweg erhalten; nur in den Fällen habe ich auch da zurechtgerückt, wo verschiedene einander ausschliessende Urteile, die Krause im Laufe der Zeiten gewonnen offenkundig im Buche durcheinanderliefen. Eine Ausnahme im Ganzen bildet das Kapitel “Das Kleid der Erde”: hier habe ich auch formal einstweilen so gut wie nichts geändert. Krause selbst legte auf diesen botanischen Abschnitt stets ganz besonderes Gewicht. Professor Pontonié, unser angesehenster Paläobotaniker, hatte die Freundlichkeit, für die speziell paläobotanischen Seiten einige Hinweise zu geben. Starke Privatmeinungen Krauses gerade auf diesem Gebiete, von ihm selbst als solche bezeichnet, sind aber des individuellen Charakters wegen einstweilen unberührt stehen geblieben. Auf den übrigen Seiten dieses Kapitels hat Professor Gilg in dankenswerter Weise eine Anzahl kleiner Namens- und Sachfehler verbessert; er hat auch die schöne Tafel “Rotalgen” beigesteuert. Für einige Hilfe bei Details in den zoologischen Teilen des Buches bin ich Dr. v. Buttel-Reepen und Dr. Benedikt Friedländer verpflichtet, in dem astronomischen Abschnitt für Bildermaterial Dr. Archenhold. Möchte man die grossen Schwierigkeiten, die in der Kürze der Zeit und der Weite des Stoffes lagen, mir zugute halten. Jedenfalls bin ich fest überzeugt, dass das Werk im Moment über den toten Punkt gerettet ist.  Kaum zu erwähnen brauche ich wohl, dass meine eigenen Anschauungen sich nicht überall mit denen Krauses decken, darin ist es eben nach wie vor ausschliesslich sein Buch. Dass es aber nach wie vor reichen Segen verbreiten und am grossen Friedenswerke der geistigen Erweckung im Volke tatkräftig mitarbeiten kann, darüber besteht für mich keinerlei Zweifel.

Friedrichshagen, im Sommer 1904.




In diesen ist es mir öfter darum zu tun gewesen, vor allem das, was Krause sagen wollte, wirklich klar herauszubringen, und so dem Buche wenigstens für seinen Standpunkt oder die Zeit, die es spieglen soll, zum deutlichen, allgemein verständlichen Worte zu verhelfen.  Nur andeutend habe ich hier und da auch schon Linien und Verzahnungen angelegt, wo eine wirkliche rein sachliche Neubearbeitung wohl einmal einsetzen müsste. Privatmeinungen des Autors habe ich natürlich möglichst geschont,  besonders alle allgemeineren Sätze durchweg erhalten; nur in den Fällen habe ich auch da zurechtgerückt, wo verschiedene einander ausschliessende Urteile, die Krause im Laufe der Zeiten gewonnen offenkundig im Buche durcheinanderliefen. Eine Ausnahme im Ganzen bildet das Kapitel “Das Kleid der Erde”: hier habe ich auch formal einstweilen so gut wie nichts geändert. Krause selbst legte auf diesen botanischen Abschnitt stets ganz besonderes Gewicht. Professor Pontonié, unser angesehenster Paläobotaniker, hatte die Freundlichkeit, für die speziell paläobotanischen Seiten einige Hinweise zu geben. Starke Privatmeinungen Krauses gerade auf diesem Gebiete, von ihm selbst als solche bezeichnet, sind aber des individuellen Charakters wegen einstweilen unberührt stehen geblieben. Auf den übrigen Seiten dieses Kapitels hat Professor Gilg in dankenswerter Weise eine Anzahl kleiner Namens- und Sachfehler verbessert; er hat auch die schöne Tafel “Rotalgen” beigesteuert. Für einige Hilfe bei Details in den zoologischen Teilen des Buches bin ich Dr. v. Buttel-Reepen und Dr. Benedikt Friedländer verpflichtet, in dem astronomischen Abschnitt für Bildermaterial Dr. Archenhold. Möchte man die grossen Schwierigkeiten, die in der Kürze der Zeit und der Weite des Stoffes lagen, mir zugute halten. Jedenfalls bin ich fest überzeugt, dass das Werk im Moment über den toten Punkt gerettet ist.  Kaum zu erwähnen brauche ich wohl, dass meine eigenen Anschauungen sich nicht überall mit denen Krauses decken, darin ist es eben nach wie vor ausschliesslich sein Buch. Dass es aber nach wie vor reichen Segen verbreiten und am grossen Friedenswerke der geistigen Erweckung im Volke tatkräftig mitarbeiten kann, darüber besteht für mich keinerlei Zweifel.

Friedrichshagen, in the Summer of 1904.